Bürgerinitiative >Gute Nachbarschaft mit Russland<
Treffen am 16.03.2016 2017 im Café von Haus Steinstraße e.V.
Protokoll:
Die Veranstaltung war mit ca 30 Personen sehr gut besucht.
1. Begrüßung:
Johannes Schroth begrüßte die Anwesenden. Für die Gäste, die das 1. Mal eine Veranstaltung der Bürgerinitiative besuchten, ging er kurz auf den Anlass der Gründung dieser Initiative ein. Sie entstand als empörte Reaktion auf das fast völlige Negieren des 75. Jahrestages des Überfalls auf die SU durch das offizielle Leipzig und unser Anliegen ist es , dass sich das Russische und das Deutsche Volk nicht wieder verfeinden.
2. Buchlesung und Diskussion:
Die Moderatorin Dr. Helga Lemme übergab Prof. Cornelius Weiss das Wort zur Lesung aus seiner Autobiografie „Risse in der Zeit, Ein Leben zwischen Ost und West“, erschienen im Rowohlt-Verlag 2012.
Zehn Lebensjahre (zwischen dem 12. und 22. Lebensjahr) nehmen ein Drittel des Buches ein. Es ist die Zeit, in der Cornelius Weiss mit seinen Eltern und seinen zwei Geschwistern von 1945 bis 1955 in der Sowjetunion lebte. Er spricht über sein Elternhaus und den beruflichen Wertegang seines Vaters, dessen Position als Leiter der Abteilung Atomphysik in der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt, die Russen dazu veranlasste, die Familie 10 Jahre in einem Lager für Wissenschaftler festzuhalten.
Er las Texte aus den Kapiteln, die diese Zeit beschreiben. Der Krieg war ja gerade erst vorbei. Die fürchterlichen Zerstörungen, die die Deutschen mit ihrer Taktik „Verbrannte Erde“ hinterlassen hatten, dazu gehörte auch der Einsatz des „Schienenwolfs“, sahen die aus Deutschland angekommenen Familien im Dorf Obninsk mit eigenen Augen und sie stellten fest, wie schwer das Leben, insbesondere für die russischen Frauen war, die mit den Kriegsschäden, der Arbeit auf den Feldern und dem Mangel an allem Lebensnotwendigen allein fertig werden mussten. Trotzdem, so beschreibt es Prof. Weiss, kam es nie zu persönlichen Anfeindungen und die Gastfreundschaft und Freigiebigkeit der russischen Bevölkerung prägte sich bei ihm für immer ein.
Viele persönliche Erlebnisse, die er im Buch beschreibt, sind Beispiele für diese Haltung in der russischen Bevölkerung und er betont: „Nie wieder Krieg, darüber waren wir uns einig“.
Diskussion zum Buch (Ausschnitt)
Anfrage von Johannes Schroth: Wie es zu erklären ist, dass diese Menschen, die so viel Leid erfahren haben, trotzdem so ganz anders sind als man erwartet?
Antwort von Cornelius Weiss: Er sieht die Gründe in der Tradition der Gastfreundschaft und Völkerfreundschaft, der Friedenshoffnung und Friedenssehnsucht, der Unterscheidung zwischen Nazis und guten Deutschen.
Das Thema „Entmenschlichung im Krieg und Menschlichkeit im Krieg“ kam in der weiteren Diskussion zur Sprache. Vergewaltigung deutscher Frauen durch Sowjetsoldaten ist eine Seite, die andere, die Kinderliebe der sowjetischen Soldaten. Teilnehmer an der Veranstaltung erzählten von ihren positiven Erlebnissen, die sie als Kinder in dieser Zeit unmittelbar nach dem Krieg hatten.
Empfehlenswert zu dieser Thematik ist die Lektüre des Buches von Cornelia Schmalz-Jacobson „Russensommer, Meine Erinnerungen an die Befreiung vom NS-Regime“.
Die Lesung und die Diskussion brachte viele Anregungen. Es wurde angesprochen, dass in den letzten Jahren eher Berichte über negative Ereignisse aus dieser Zeit in den Medien überwiegen. Unser Lesebuch möchte mit der Veröffentlichung positiver Geschichten diesem Trend entgegenwirken.
3. Information und Austausch über die nächsten geplanten
Veranstaltungen und Aktivitäten der BI
-Teilnahme am Ostermarsch: Am 15.04. von 10:00 -12:00 Uhr mit
einem Stand auf dem Nikolaikirchhof, im Anschluss daran Fahrrad-
tour zum Flughafen Leipzig/ Halle. Die BI beteiligt sich am Aufruf zum Leipziger Ostermarsch 2017
-Veranstaltung am 11.05. aus Anlass des 8./ 9. Mai im Café Haus Steinstraße (genaueres ist noch nicht geplant).
-Lesebuch: Drei bis vier neue Interessenten haben sich gemeldet. (Ehemalige Studenten in der SU)
Entschluss, etwas aus der Zeit zu veröffentlichen, steht aber noch nicht bei allen fest.
-Die Bürgerinitiative möchte sich für eine Partnerschaft zwischen Leipzig und einer russischen Stadt einsetzen.
Frau Brigitte Kemper-Stecher von der Deutschen Stiftung Denkmalsschutz regt an, über die russische Gedächtniskirche in Leipzig eine Partnerstadt zu finden. Die Kirche selbst hat eine Partnergemeinde (Kirchengemeinde) in Smolensk.
Jedes Jahr am 17.10. findet eine Gedenkfeier für die Kriegsopfer (mit dem Don-Kossaken Chor) in der Gedächtniskirche der Kriegsopfer in Leipzig statt. Das zeugt von einer gelebten Erinnerungskultur.
-Ein Teilnehmer regt an, dass das was damals die Sowjetunion und die Sowjetarmee für die Befreiung Deutschlands geleistet haben, stärker in der Öffentlichkeit kommuniziert werden sollte. Er schlägt vor, Informationsmaterial mit den wichtigsten Gedenkstätten zu erstellen, (Petersburg, Wolgograd..). Insbesondere für Jugendliche, die Interesse daran haben, was damals im Krieg geschah und keiner ihnen eine Antwort gibt, kann dieses Material wertvoll sein.
-In einem nachgereichten Dikussionsbeitrag regt Frau Stolzenburg an, dass unsere BI Kontakt aufnimmt zum Leibnitz-Gymnasium in Leipzig. Es ist das einzigste Gymnasium, dass Russisch als Fremdsprache anbietet. Verbindung zu den Lehrern aufnehmen, um den Lernenden zu vermitteln, dass Russland auch zu Europa gehört, ist eine Option der BI.
-Information über Druschba Friedensfahrt 2017. Sie findet vom 23.07. bis 13.08.statt und führt über 5 verschiedene Routen durch 40 Partnerstädte Russland. Bisher gibt es 475 Anmeldungen. Die 1. Friedensfahrt 2016 hatte 200 Teilnehmer.
-Information über die Möglichkeit, sich in unserer ausliegenden Liste einzutragen. Die Eingetragenen sind keine festen Mitglieder.
Die Initiativgruppe der Bi trifft sich alle 14 Tage um 17:00 Uhr im Karstadt-Restaurant. (Nächste Treffen am 29.03 und am 12.04.)
-Hinweis auf die Spendenbüchsen und unser Spendenkonto zu finden unter: http://gutenachbarschaftmitrussland.blogsport.de/
-Das Auszählen der Spende ergab 70,00 EUR.
Protokoll: Am 19.03.2017 Andrea